Über den Lehrstuhl

Die Nähe der nationalen Grenze beeinflusst stark ihre Umgebung. Trotz der Möglichkeiten, die der Grenzkontext bietet, z. B. in Bezug auf Mehrsprachigkeit, Interkulturalität, den Arbeits- oder Absatzmarkt, wird die Grenze häufig als fremd oder „anders“ wahrgenommen. Solche Erfahrungen verfestigen bei den Grenzbewohnern eine innerlich abgewandte Einstellung, verstärken das Bild der Grenzregion als peripher und führen zu ungleichen und auch ungenutzten Chancen im Grenzland. Dies führt unter anderem zu folgenden Phänomenen:

  • Die Nähe der Staatsgrenze erschwert einerseits die Entwicklung von Ökosystemen im Grenzland und andererseits von grenzüberschreitenden Lerngemeinschaften und Netzwerken;
  • Organisationen im Grenzland, die aufgrund der Nähe zum Nachbarland Schwierigkeiten haben, sich in ihrer „eigenen“ Region um die Organisation herum zu entwickeln;
  • Arbeitnehmer, einschließlich Studenten, die sich der Möglichkeiten jenseits der Grenze meist nicht bewusst sind und nicht über die richtigen Kompetenzen verfügen, um im Grenzkontext zu arbeiten, was dazu führt, dass vor allem junge Menschen das Grenzland wegen scheinbar besserer Karrieremöglichkeiten im Landesinneren verlassen.

Solche Phänomene wirken sich unter anderem auf die demografische, sozial-gesellschaftliche und ökonomische Dynamik in der Grenzregion aus.

Vision und Auftrag

Um einen Beitrag zu europäischen, nationalen und regionalen Zielen zu leisten, betreibt der Lehrstuhl angewandte Forschung zu Themen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet. Die angewandte Forschung des CBBD zielt darauf ab, Menschen, Organisationen und regionale Netzwerke zu sensibilisieren und sie bei der Nutzung von Entwicklungsmöglichkeiten auf beiden Seiten der Grenze zu unterstützen. Durch praxisorientierte Forschung benennen wir Bedingungen, Mechanismen, Möglichkeiten und Hindernisse und entwickeln Instrumente zur Förderung der Integration innerhalb der und zwischen den Grenzregionen. Damit schlagen wir eine Brücke von Theorie zur Praxis für (angehende) Fachleute und Organisationen im Grenzland.

Die praxisorientierte Erforschung des „Wicked Problems“ der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit trägt dazu bei, Chancen aus einer 360-Grad-Perspektive an der Grenze und über die Grenze hinweg zu finden, zu sehen und zu nutzen, anstatt aus einer 180-Grad-Perspektive mit dem „Rücken zur Grenze“. Diese 360-Grad-Perspektive trägt zu einer gesunden, innovativen und wirtschaftlich starken grenzübergreifenden Region bei.

Im Einklang mit der oben genannten Vision konzentriert sich unser Auftrag darauf, eine 360-Grad-Perspektive für Menschen, Organisationen und Netzwerke zu schaffen und sie so für Entwicklungsmöglichkeiten auf beiden Seiten der Grenze zu sensibilisieren und sie dabei zu unterstützen, diese zu nutzen. Auf diese Weise wollen wir ergänzend und innovativ zur bisherigen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit tätig sein.

Über die Professur

Die Forschung an der Professur findet in drei Programmausrichtungen statt, sowohl auf der persönlichen und der organisatorischen Ebene, als auch im Netzwerk. Diese drei Programmausrichtungen sind nicht undurchlässig, vielmehr besteht eine Kohärenz und eine ständige Interaktion zwischen den Programmausrichtungen.

I. Engagement der Menschen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet

Innerhalb der Programmausrichtung ‚People Engagement in a Dutch-German Borderland‘ konzentriert sich die Forschung auf den menschlichen Faktor. Es geht um die EU-regionale Beschäftigungsfähigkeit und das regionale Engagement der (zukünftigen) Arbeitnehmer. Das übergeordnete Ziel ist es, zu einer 360-Grad-Perspektive für Menschen beizutragen und sie so für Entwicklungsmöglichkeiten auf beiden Seiten der Grenze zu sensibilisieren und sie dabei zu unterstützen, diese zu nutzen.

Die zentrale Frage innerhalb dieser Programmausrichtung lautet:

„Wie können wir es den Arbeitsmarktakteuren ermöglichen, das Potenzial ihrer Grenznähe zu optimieren, indem sie ihre grenzbezogenen Kompetenzen erhöhen und die Verbindung zwischen Menschen und Unternehmen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet stärken?“

Nachgestellte Fragen innerhalb dieser Programmausrichtung, die sich auf die Beschäftigungsfähigkeit und das Individuum konzentriert, sind:

  • Wie kann die grenzüberschreitende Beschäftigungsfähigkeit von Schülern, Studenten und Arbeitnehmern nachhaltig gesteigert werden?
  • Welche Faktoren tragen dazu bei bzw. behindern die Realisierung von professionellem „Zusammenpassen“ auf dem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt?
  • Was ist für eine nachhaltige grenzüberschreitende Arbeitsbeziehung zwischen Organisationen und (internationalen) Schülern, Studenten, Arbeitssuchenden und Arbeitnehmern nötig?

II. Lernende Organisationen in einem innovativen deutsch-niederländischen Grenzgebiet

Innerhalb dieser Programmausrichtung konzentriert sich die Forschung auf den organisatorischen Faktor. Die Verwirklichung eines innovativen Grenzlandes braucht lernende Organisationen, die eine Kultur schaffen, die es den Mitarbeitern ermöglicht, ihr Wissen über die Grenzen hinweg zum Nutzen der Innovation auszutauschen, basierend auf einer Vision von grenzüberschreitendem Unternehmertum und Zusammenarbeit.  Hier kommt Führungskräften, Personalverantwortlichen und Brückenbauern eine wichtige Rolle zu.

Die zentrale Frage innerhalb dieser Programmausrichtung lautet:

„Wie können Organisationen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet Führungsqualität und Lernfähigkeit entwickeln und/oder stärken, um eine starke Innovationskultur zu schaffen, die auf nachhaltiges und innovatives Unternehmertum über die deutsch-niederländische Grenze hinweg abzielt?“

Die nachgeordneten Fragen innerhalb dieser Programmausrichtung lauten:

  • Welche Mechanismen und Schlüsselfaktoren spielen eine Rolle bei der Entwicklung von Lernfähigkeit und einer innovativen Kultur in Unternehmen und anderen Organisationen, die grenzüberschreitend kooperieren und/oder Geschäftsbeziehungen haben?
  • Was tun die Hauptakteure (Führungskräfte, Personalleiter, Brückenbauer) in grenzüberschreitenden lernenden Organisationen, um Lernfähigkeiten und eine innovative Kultur zu entwickeln?
  • Welchen Unterstützungsbedarf haben die Schlüsselakteure bei der Umwandlung in eine grenzüberschreitende lernende Organisation?

III.        Zukunftssichere grenzüberschreitende Ökosysteme

Im Rahmen der Programmausrichtung „Zukunftssichere grenzüberschreitende Ökosysteme“ konzentriert sich die Forschung auf das grenzüberschreitende regionale Ökosystem und die darin enthaltenen Lernnetzwerke.

Die zentrale Frage innerhalb dieser Programmlinie lautet:

„Wie können wir zum grenzüberschreitenden regionalen Ökosystem und seinem Wachstum (breiter Wohlstand) beitragen, indem wir Mechanismen und Grundsätze ermitteln und Instrumente entwickeln, die die Schaffung und Entwicklung von Netzwerken unterstützen?“

 Die Unterfragen innerhalb dieser Programmausrichtung lauten:

  • Welche wirtschafts-, arbeitsmarkt- und bildungsbezogenen grenzüberschreitenden Lernnetzwerke (einschließlich HLOs) gibt es bereits und welche potenziellen grenzüberschreitenden Lernnetzwerke sehen wir und wie können wir die Wirkung und Nachhaltigkeit dieser grenzüberschreitenden Lernnetzwerke erhöhen?
  • Welche Netzwerkinnovationen innerhalb des grenzüberschreitenden Einzelhandels und Gastgewerbes sind erforderlich, um dieser Nische eine lebensfähige Zukunft zu geben?
  • Welche Chancen und Hindernisse für die Stärkung des Ökosystems ergeben sich speziell durch die Grenznähe? Wie können bestehende und potenzielle grenzüberschreitende Lernnetzwerke zur Steigerung des allgemeinen Wohlstands in der deutsch-niederländischen Grenzregion beitragen? Welche Systemveränderungen, Instrumente und Mechanismen können zum Wachstum des breiten Wohlstands im deutsch-niederländischen Grenzland beitragen?